§5 SGB VIII „Wunsch- und Wahlrecht“ beim Kita-Platz i.V.m. §90 Abs. 3 SGB VIII „Pauschalierte Kostenbeteiligung“

Da ich von Pontius zu Pilatus geschickt bzw. gar nicht darüber aufgeklärt wurde und ich deswegen fast eine Frist verpasst hätte, hier mein kleiner Bericht:

Man muss den Antrag auf wirtschaftliche Jugendhilfe bzw. Antrag auf Übernahme der Elternbeiträge nach §90 Abs. 3 SGB VIII „Pauschalierte Kostenbeteiligung“ für ein sog. auswärtiges Kind beim Jugendamt in dem Ort stellen, in dem man gemeldet ist. Das Jugendamt fragt natürlich nach dem Grund. Bei mir ist es so, dass ich wieder in Vollzeit arbeiten muss und möchte, mein Kind aber nur halbtags in den Kiga soll. Daher geht es in dem Ort zum Kiga, in dem die Großeltern wohnen, sodass sie es abholen können. Die Alternative, ganztags in einem Kiga im Wohnort, würde zu Mehrkosten führen, sodass meinem Antrag entsprochen wurde.

In Oldenburg muss man den Antrag bis zum Ende des Monats stellen, ab dem das Kind in den Kiga geht. Also wenn es ab dem 1.09. den Kiga besucht, muss der Antrag bis zum 30.09. gestellt worden sein. Ich habe ihn am 15.09.15 gestellt. Der Bewilligungsbescheid wurde am 29.09.15 erlassen und gilt bis zum 31.07.16, sofern sich meine Verhältnisse nicht ändern. Ein Folgeantrag muss bis zum 31.08.16 eingereicht werden. Ob in allen Städten dieselben Fristen gelten, weiß ich nicht.

Für 5 Stunden berechnet der Kiga normalerweise 145 EUR. Gemäß Bewilligungsbescheid werden aber 195 EUR übernommen. Auf Nachfrage teilte man mir mit, dass es einen sog. Auswärtigenzuschlag gebe, der sich aus dem KiTaG (Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder) ableite.

In diesem Zusammenhang sei auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nds. vom 17.05.2000 (Az. 4 L 841/00) verwiesen. Demzufolge müsse auch der Auswärtigenzuschlag vom „Träger der öffentlichen Jugendhilfe“ (= Jugendamt) übernommen werden, wenn die Eltern diese Kosten selbst nicht tragen können (aber genau deshalb stellt man ja den o.g. Antrag auf Jugendhilfe). Es gibt ein neueres Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 28.01.2005 (Az. 9 B 10/05). Demzufolge sei „der von der Stadt Aachen erhobene Auswärtigenzuschlag nicht mit dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) [genauer: §17 GTK] vereinbar […]. Nach diesem Gesetz seien die Eltern nur verpflichtet, monatlich Beiträge zu den Jahresbetriebskosten der jeweils in Anspruch genommenen Tageseinrichtung zu entrichten, deren Höhe sich nach dem Jahreseinkommen der Eltern richte. Diese Regelung sei abschließend und lasse keine Differenzierung danach zu, ob das Kind innerhalb oder außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Trägers der jeweiligen Einrichtung wohne.“ Das GTK galt nur für NRW und wurde 2008 durch das Kinderbildungsgesetz (KiBiZ) abgelöst.

Da ich den Begriff „Auswärtigenzuschlag“ im KiTaG nicht finden konnte, fragte ich erneut beim Jugendamt Oldenburg nach. Der Zuschlag leite sich aus den Vorschriften zu §90 SGB VIII ab. Dort heißt es: „Sofern freie Träger einen Auswärtigenzuschlag für nicht institutionell geförderte Plätze erheben, so ist auch dieser nur abhängig vom jeweiligen Einkommen zu übernehmen (BVerwG NDV-RD 2002, 99).“ Ich erhielt von der betreffenden Textpassage einen Scan. Die Abkürzung NDV-RD steht für die Zeitschrift Rechtsprechungsdienst zum NDV (Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge): Wikipedia zum NDV (Abruf: 2.11.15).

Update 1: Irgendwie ließ mir die ganze Sache keine Ruhe. Daher habe ich auf FragdenStaat gleich zwei Anfragen gestellt:

1.) am 1.12.15 an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: FragdenStaat_Anfrage01

2.) am 2.12.15 an die Stadt Varel: FragdenStaat_Anfrage02

Update 2: Umzug während Leistungsbezug

Gemäß §86 SGB VIII „Örtliche Zuständigkeit für Leistungen an Kinder, Jugendliche und ihre Eltern“ richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung. Daher sollte es nicht notwendig sein, einen neuen Antrag zu stellen, wenn man umzieht. Ich werde berichten.

Hinweis:

§21 KiTaG „Freistellung von Elternbeiträgen im letzten Kindergartenjahr

In Niedersachsen ist gemäß §21 KiTaG das letzte Kindergartenjahr (und ggf. ein weiteres Jahr im Falle einer Zurückstellung, vgl. Satz 3) vor der Einschulung kostenfrei:

„(1) 1 Kinder haben einen Anspruch auf unentgeltlichen Besuch einer Tageseinrichtung in dem Kindergartenjahr, das der Schulpflicht gemäß § 64 Abs. 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) unmittelbar vorausgeht; der Anspruch umfasst nicht die Beteiligung an den Kosten der Verpflegung.

2 Der Anspruch besteht für die nach diesem Gesetz zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz erforderliche Mindestbetreuungszeit bis zu einer Betreuungszeit von acht Stunden.

3 Satz 1 gilt auch für den Besuch einer Tageseinrichtung nach einer Zurückstellung vom Schulbesuch gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 NSchG.“

 

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