Nutzungs_UN_abhängige Rundfunkbeiträge seit 2013 .. Nutzungs_UN_abhängige Steuern ab 2023?

Im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (5. Auflage, Stand: 14.03.2013) steht unter Punkt 2 „Die Grundzüge des Rundfunkbeitragsrechts“ und weiter unter 2.1 „Anknüpfungspunkt der Beitragspflicht“:

„Bislang musste für jedes einzelne Gerät, das zum Empfang von Rundfunk geeignet war (Hörfunk-, Fernsehgerät, internetfähiger PC) eine Gebühr entrichtet werden. Jetzt ist Anknüpfungspunkt der Beitragspflicht allein das Innehaben einer Wohnung, einer Betriebsstätte oder eines nicht lediglich privat genutzten Fahrzeugs. Ob überhaupt Geräte vorhanden sind oder auf ihre Anzahl kommt es nicht mehr an. Hintergrund dieser Regelung ist, dass in Deutschland nahezu in allen Wohnungen und Betriebsstätten die Möglichkeit zum Rundfunkempfang besteht.“

Die Hervorhebungen erfolgten durch mich: Fast jeder (s.u. Befreiungsmöglichkeiten) muss diesen Beitrag entrichten, unabhängig davon, ob überhaupt ein empfangsbereites Gerät vorhanden ist oder nicht. Und die Feststellung, dass „nahezu“ alle Wohnungen ein empfangsbereites Gerät haben, zeigt, dass dieser Beitrag bewusst nutzungsUNabhängig ist.. Meiner Meinung nach ist dies nur ein Vorläufer (eine Testphase) für weitere nutzungsUNabhängige Abgaben. Wenn wir uns nicht wehren, wird dieses Beispiel Schule machen.

Man kann sich im Großen wehren und klagen oder im Kleinen und Schlupflöcher aufdecken und auch nutzen, so wie ich. Es gibt verschiedene Befreiungsmöglichkeiten. Ein Blick in den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag lohnt sich.

  • Werdet arm! Ein Bezug von Sozialhilfe, Sozialgeld, ALG II u.a. befreit von diesem Beitrag (vgl. §4 Abs. 1 RBeitrStV 2013) .
  • Werdet religiös! Wenn die Betriebsstätte „gottesdienstlichen Zwecken gewidmet“ ist, entfällt die Beitragspflicht (vgl. §5 Abs. 5 Satz 1 RBeitrStV 2013: Hier steht nichts davon, dass man in dieser „Betriebsstätte“ nicht auch übernachten darf).

Bildet eine WG! Unter Punkt 4 „Beitragspflicht im privaten Bereich“ heißt es nämlich:

Beitragsschuldner ist der jeweilige Inhaber einer Wohnung (§§ 2, 3). Dies ist in der Regel der Mieter oder selbst darin wohnende Eigentümer. Zwar sind sämtliche volljährigen Bewohner Gesamtschuldner, doch der Rundfunkbeitrag muss nur von einem der Beitragspflichtigen gezahlt werden. Damit entfällt innerhalb einer Wohnung die bisherige gesonderte Gebührenpflicht für Rundfunkgeräte von Haushaltsangehörigen mit eigenem Einkommen (z.B. Kinder) oder für Rundfunkgeräte, die sich in nicht privat genutzten Räumen in der Wohnung befinden (z.B. Arbeitszimmer).“

Ergo: Diese Formulierung impliziert, dass in einer WG nur ein Bewohner zahlt (ähnlich einer Familie, die eine Wohnung bewohnt, und unabhängig von der Anzahl der Mitglieder nur einen Beitrag zahlt). Tipp: In einem Mehrfamilienhaus ist von außen nicht ersichtlich, wieviele Menschen in wievielen Wohnungen leben (vgl. aber §3 RBeitrStV zur Definition von „Wohnung“). Es ist einen Versuch wert, sich mit den Nachbarn kurzzuschließen und eine große Wohngemeinschaft in einem Haus zu bilden. Über Feedback wäre ich dankbar.

Kritik am Rundfunkbeitrag

Es gibt das Gutachten „Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung“ (03/2014), das zu dem neuen Modell Stellung bezieht. Sie können es auf der Website des Bundesfinanzministeriums herunterladen: www.bundesfinanzministerium.de (Abruf: 10.10.15). Dieses Gutachten bezeichnet den Rundfunkbeitrag in seiner Form seit 2013 treffend als „Zwangsabgabe“ und folgert: „Eine der Höhe nach maßgeblich vom Anbieter bestimmte, nutzungsunabhängige Zwangsabgabe kann keine Impulse für eine optimale Angebotssteuerung setzen.“ (Gutachten 2013: 27)

Richtig! Da die öffentlich-rechtlichen Sender ohnehin ihre Beiträge erhalten (denn: Im RBeitrStV gibt es keine Befreiungsmöglichkeit aufgrund schlechter Inhalte), haben sie auch keine Anreize, ihr Programm nach den Wünschen der Kunden zu gestalten.

Auf der anderen Seite können die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Nachrichtenangebote kostenlos anbieten, da sie sich ja über diese Zwangsabgaben finanzieren. Somit haben es die privaten Anbieter (spiegel.de, faz.net u.a.) schwer, Abonnenten zur Zahlung zu bewegen. Dies verzerrt den Wettbewerb – im Hinblick darauf, dass

  1. „die Zahlungsbereitschaft der Nutzer eine wichtige Steuerungsfunktion“ hat (Gutachten 2013: 28): Die Nutzer entscheiden über die Inhalte, indem sie Dienste (freiwillig) bezahlen oder eben nicht. Dies entspricht den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage, die Grundpfeiler einer freien Marktwirtschaft.
  2. die Meinungsvielfalt eingeschränkt wird: Wenn ich die Nachrichten kostenlos auf zdf.de lesen kann, warum sollte ich dann woanders dafür bezahlen? Der Haken dabei ist: Nachrichten werden von Menschen geschrieben und in jeder Zeile spiegelt sich (mehr oder weniger) das Weltbild/Wissen/die politische Einstellung des Redakteurs wider, das bleibt nicht aus. Es lohnt sich, über den Tellerrand zu schauen und mehrgleisig zu fahren – dies gilt nicht nur für Geldanlagen, sondern auch für die Beschaffung von Informationen.

In der Doktorarbeit „Die Reform der Rundfunkfinanzierung in Deutschland“, die im April 2013 erschien, legt die ehemalige NDR-Mitarbeiterin Anna Terschüren dar, dass der Rundfunkbeitrag in seiner jetzigen Form seit dem 1.01.2013 verfassungswidrig ist:

Terschürens Fazit (S. 65)

Wie man sich dieser Abgabepflicht anziehen kann, erläutere ich im Folgenden, weise aber darauf hin, dass die Tipps zwar legal sind (bis auf eine), aber in dem derzeitigen UNRECHTSSTAAT als illegal umgedeutet werden. Aber wenn die Eliten mit illegalen Methoden (rechtswidrige Adressweitergabe durch die Meldeämter, eigenmächtig erstellte Mahnbescheide, Zwangsvollstreckungen durch den Beitragsservice etc.) den Bürgern so eine Zwangsmaßnahme abverlangen, muss mit denselben Mitteln zurückgekämpft werden.

Andere Befreiungsmöglichkeiten

Zunächst ein kleiner Exkurs

Das Landgericht Tübingen hat am 9.12.2016 entschieden, dass die Rundfunkanstalten keine Behörden sind (Az. 5 T 280/16; vgl. in diesem Zusammenhang auch das Urteil vom 16.09.2016: Az. 5 T 232/16). Somit darf zum einen der sog. Beitragsservice keine Bescheide ausstellen. Zum anderen dürfen Meldeämter, Finanzämter, Gemeinden und andere Behörden keine Amtshilfe leisten. Daher weicht der Beitragsservice inzwischen auf private Inkassounternehmen wie Creditreform aus.

Bei dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag handelt es sich de facto um einen Vertrag zugunsten Dritter gemäß §328 BGB, den die Ministerpräsidenten mit den Rundfunkanstalten geschlossen haben:

Ministerpräsidenten unterschreiben am 31.08.1991 den Staatsvertrag.

Die Ministerpräsidenten werden weder im Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (kurz: RStV) noch im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (kurz: RBeitrStV) namentlich genannt. Dies änderte sich erstmals im 19. Staatsvertrag. Inzwischen gibt es den 20. Staatsvertrag vom 8.12.2016 (Auszug aus dem 19. Staatsvertrag, Namen haben sich nicht geändert):

Alle Ministerpräsidenten, die den Staatsvertrag unterschrieben

Da die Ministerpräsidenten den Staatsvertrag mit den Rundfunkanstalten unterschrieben haben, sind sie Vertragspartner und eben nicht der Bürger. §58 VwVfG besagt jedoch, dass ein Vertrag, der in die Rechte Dritter eingreift, erst dann wirksam wird, wenn der Dritte schriftlich zustimmt. Dies dürfte zunächst bei vielen Bürgern nicht der Fall sein. Dennoch müssen die Bürger zahlen, ohne Einfluss auf die Vertragsgestaltung genommen zu haben, was der Handlungs- und Vertragsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG zuwiderläuft. Im Grunde müsste Stephan Weil für sämtliche Beiträge aller Bürger in Niedersachsen aufkommen!

Ausführliche Informationen finden Sie z.B. auf den folgenden Webseiten:

Nun zu den anderen Befreiungsmöglichkeiten

  1. Ihr könnt euch einen Retourenstempel der Post anfertigen lassen, was allerdings Urkundenfälschung und somit strafbar ist.
  2. Ihr könnt den Brief ungeöffnet mit dem Vermerk „unbekannt“ zurückschicken (sog. Brief-zurück-Methode). Dann greift kurioserweise §15 VwVfG i.V.m. §41 VwVfG: „im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen“ – wobei der Beitragsservice keine Behörde ist (vgl. o.g. Urteil des LG Tübingen), dennoch muss auch er den Zugang nachweisen. Was die öffentliche Zustellung anbetrifft, verweise ich auf §10 VwZG. Da der Beitragsservice eure Meldeadresse von der jeweiligen Gemeinde erhalten hat, kommt die öffentliche Zustellung aber nicht in Frage, da euer Aufenthaltsort ja bekannt ist… da beißt sich die Katze in den Schwanz, wa?!
  3. Alternativ könnt ihr den Briefkasten mit einer anderen Person tauschen, sodass an eurem Briefkasten nicht euer Name steht, sondern der Name der anderen Person und vice versa. Allerdings müssen dann alle Vertragspartner und Behörden über diese „Versandanschrift“ informiert werden. Ausführliche Informationen dazu finden Sie in meinem Beitrag.
  4. Darüber hinaus habe ich ein Schreiben (GEZ_Befreiung) konzipiert, das allerdings noch nicht zur Anwendung kam. Über Rückmeldungen wäre ich dankbar.

*Update*

Die Flensburger „Aufdeckerpartei“ WiF (Wir in Flensburg) wagte auf der Ratsversammlung vom 10.11.2016 (vertagt) bzw. vom 2.02.2017 einen echten Vorstoß (vgl. Beschlussvorlage RV-126/2016): Sie möchte die Beitragszahlungen boykottieren. WiF beruft sich hierbei auf Artikel 5 GG (Informationsfreiheit) und Artikel 20 GG (Gewaltenteilung). Hierzu gibt es auch ein sehenswertes Video auf YouTube (Ratsversammlung vom 10.11.2016: Grundrechtsverletzung! Der TOP wurde nicht aufgenommen. Daher vertagt: Ratsversammlung vom 2.02.2017).

Auch die AfD sprach sich im Dezember 2016 im Landtag Sachsen-Anhalt mehrmals für die Abschaffung der Rundfunkbeiträge aus. Es kommt endlich Bewegung in die Sache. Halleluja! Wer immer noch glaubt, die AfD sei rechts, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Bitte schaut euch die erste Bundestagsrede von Dr. Alice Weidel oder die Reden von Prof. Dr. Jörg Meuthen an.

 

Kleine Lektüre

Hier noch eine schöne Übersicht über die Beitragsentwicklung seit Einführung der Rundfunkgebühr in 1954, seit 2013 Rundfunkbeitrag:

Es gibt Interessengruppen, die lokal organisiert sind.

Wenn man eine Zwangsvollstreckung bekommen hat, hilft ggf. dieser Artikel von Sandra Weber von Heimat und Recht weiter:

  • Der Gerichtsvollzieher (GVZ) hat sich namentlich angekündigt und muss sich vor der Tür mit einem Lichtbildausweis ausweisen.
  • Der GVZ muss nachweisen, dass er Beamter ist und somit zur Exekutive gehört. Dieser Dienstausweis muss (wie beim Perso/Pass auch) eigenhändig unterschrieben sein.
  • Der GVZ muss gemäß §754 ZPO einen Vollstreckungsauftrag und eine vollstreckbare Ausfertigung (= Kopie des Urteils, vgl. §724 ZPO) vorlegen. Beide müssen von einem Richter bzw. „von einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts“ unterschrieben und mit einem Gerichtssiegel versehen sein, sonst sind sie ungültig, vgl. §725 ZPO. i.V.m. §126 BGB.
  • Tipp: Prüfe, ob dem Gericht überhaupt Unterlagen zu deiner Person bzw. zu der Sache vorliegen. Wenn nicht, dann kann es auch kein Urteil und somit keinen Vollstreckungsauftrag geben.